Nagelpilz – oder doch etwas anderes? Die Bedeutung der Differentialdiagnose

Nagelpilz – oder doch etwas anderes? Die Bedeutung der Differentialdiagnose

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Nagelpilz – medizinisch als Onychomykose bekannt – ist weit verbreitet und betrifft besonders häufig die Fußnägel. Was viele unterschätzen: Bleibt die Infektion unbehandelt, kann sie sich hartnäckig halten, Schmerzen verursachen und sogar zu dauerhaften Nagelveränderungen führen.

Artikelübersicht
  1. Was ist Nagelpilz?
  2. Mögliche Differentialdiagnosen bei Nagelveränderungen
  3. Diagnostik von Nagelpilz: Wie wird die Ursache festgestellt?
  4. Warum ist die ganaue Diagnose wichtig?
  5. Podologische Unterstützung in der Diagnostik
  6. Fazit

Mögliche Differentialdiagnosen bei Nagelveränderungen

  1. Psoriasis (Schuppenflechte)
    Psoriasis ist eine häufige Hauterkrankung, die auch die Nägel betreffen kann. Die Veränderungen ähneln denen bei Nagelpilz, beinhalten jedoch zusätzliche Anzeichen wie „Pitting“ (kleine Vertiefungen in der Nagelplatte) und gelbliche Verfärbungen. Die S1-Leitlinie zur Onychomykose hebt hervor, dass die Unterscheidung zwischen Psoriasis und Nagelpilz häufig schwierig ist, da beide Erkrankungen ähnliche Symptome aufweisen. Eine genaue Anamnese und Hautveränderungen helfen dabei, die richtige Diagnose zu stellen.

  2. Nagelverletzungen
    Mechanische Verletzungen oder Traumata an den Nägeln können zu Verfärbungen und Verdickungen führen. Diese Symptome sind häufig harmlos und klingen nach einigen Wochen ab. Verletzungen wie Quetschungen oder Risse können fälschlicherweise mit Nagelpilz verwechselt werden. Es ist wichtig, in der Diagnose die Geschichte der Nagelverletzung zu berücksichtigen, um zwischen einem Trauma und einer Infektion zu unterscheiden.

  3. Kontaktdermatitis
    Eine allergische Reaktion auf Kosmetika, Nagellacke oder Reinigungsmittel kann ebenfalls Nagelveränderungen verursachen. Eine Entzündung der Nagelhaut oder der Nagelplatte durch Kontakt mit reizenden Substanzen kann mit Nagelpilz verwechselt werden. Laut der Literatur sind Hautreaktionen häufig mit Rötungen und Schwellungen an den Rändern des Nagels verbunden, was sich von einer Pilzinfektion unterscheidet. Die S1-Leitlinie empfiehlt in solchen Fällen eine genaue Überprüfung der Patientenanamnese, um Kontaktdermatitis auszuschließen.

  4. Lichen planus
    Lichen planus ist eine entzündliche Erkrankung, die sowohl Haut als auch Nägel betreffen kann. Sie verursacht Veränderungen an der Nagelplatte, wie etwa Verdickungen, Rillen und Ablösungen. Die Nagelveränderungen ähneln häufig denen von Nagelpilz, jedoch sind sie meist auch mit Hautläsionen assoziiert. Eine sorgfältige Untersuchung der Haut und eine Biopsie sind in der Regel erforderlich, um zwischen Lichen planus und Onychomykose zu differenzieren.

  5. Keratodermien
    Keratodermien sind eine Gruppe von Hautkrankheiten, die Verdickungen und Verhärtungen der Haut und Nägel verursachen können. Sie sind nicht infektiös, sondern genetisch bedingt oder erworben und können Nagelveränderungen hervorrufen, die denen einer Onychomykose ähneln. Zu den häufigsten Keratodermien gehören die palmoplantare Keratodermie und die Epidermolysis bullosa. Eine genaue Untersuchung und gegebenenfalls eine genetische Untersuchung sind notwendig, um diese Erkrankungen von Nagelpilz zu unterscheiden. Die S1-Leitlinie empfiehlt in diesen Fällen eine klinische Untersuchung, um die genaue Ursache zu bestimmen.

Diagnostik von Nagelpilz: Wie wird die Ursache festgestellt?

Um Nagelpilz von anderen Erkrankungen zu unterscheiden, ist eine gründliche Diagnostik erforderlich. Laut der S1-Leitlinie erfolgt die Diagnostik in mehreren Schritten. Zunächst wird der Nagel durch eine mikroskopische Untersuchung auf Pilze untersucht. Das ansetzen einer Pilzkultur kann dabei helfen, den genauen Erreger zu identifizieren. In manchen Fällen wird auch eine PCR-Diagnostik durchgeführt, um eine genaue Bestimmung der Pilzart zu ermöglichen. Falls andere Erkrankungen wie Psoriasis oder Lichen planus in Betracht gezogen werden, können zusätzliche Untersuchungen wie Hautbiopsien oder Bluttests erforderlich sein.

Warum ist die genaue Diagnose wichtig?

Die genaue Diagnose ist entscheidend für die Auswahl der richtigen Therapie. Wird Nagelpilz fälschlicherweise diagnostiziert, kann eine ungeeignete Behandlung angewendet werden, die möglicherweise keine Wirkung zeigt oder den Zustand verschlechtert. Andererseits kann eine falsche Ausschlussdiagnose dazu führen, dass eine tatsächlich vorliegende Pilzinfektion unbehandelt bleibt und sich weiter ausbreitet. Die S1-Leitlinie zur Onychomykose betont daher die Bedeutung einer präzisen Differenzialdiagnose, um die bestmögliche Therapie zu gewährleisten.

Podologische Unterstützung in der Diagnostik

Podolog*innen spielen eine wichtige Rolle bei der Diagnose von Nagelveränderungen und der Abgrenzung zwischen Nagelpilz und anderen Erkrankungen. Sie sind in der Lage, Proben zur mikroskopischen Untersuchung zu entnehmen und eine erste Einschätzung zu geben. Darüber hinaus bieten sie wichtige Hinweise zur richtigen Pflege und Prävention, um das Risiko einer erneuten Infektion zu verringern.

Fazit

Nagelveränderungen müssen nicht immer durch Nagelpilz verursacht werden. Es gibt zahlreiche Erkrankungen, die ähnliche Symptome hervorrufen können. Eine präzise Differentialdiagnose ist daher unerlässlich, um die richtige Behandlung einzuleiten. Mit der richtigen Diagnostik und der Unterstützung durch Experten wie Podolog*innen lässt sich eine zielgerichtete Therapie sicherstellen.

Referenzen:

AWMF. S1-Leitlinie zur Onychomykose (2022). Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen

Fachgesellschaften e. V., S. 7, 8, 12–15, 17.

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